Februar 2011

Die 11. Havelländischen Musikfestspiele wurden auf Schloss Kleßen eröffnet

Schon Tradition: Auftakt im Schloss Kleßen
KLESSEN - Eine Pause gönnt man sich nicht. War erst im Dezember das letzte Konzert der 10. Havelländischen Musikfestspiele auf Schloss Reckahn verklungen, so gab nun das traditionell auf Schloss Kleßen (Havelland) stattfindende Eröffnungskonzert schon wieder den Auftakt für die neue Runde. Man darf gespannt sein: Mehr als 35 Veranstaltungen erwarten das Publikum in diesem Jahr.

Musik und Literatur an besonderen Orten des Havellandes, und das kontinuierlich, so einfach klingt die Rezeptur, mit der das Klassik-Festival auf sich aufmerksam macht. Es wird wohl bald Gefahr laufen, seinen Status als Geheimtipp zu verlieren. Die Havelländischen Musikfestspiele sind ab sofort Mitglied im Verbund der Kulturfeste im Land Brandenburg.

Expandieren wolle man nicht, so der Geschäftsführer und Pianist Frank Wasser, obwohl für 2011 einige neue Spielorte wie etwa Schloss Paretz hinzugewonnen werden konnten. Viele dieser reizvollen Orte sind in privater Hand und öffnen ihre Türen ausschließlich für diese Konzerte. Das bietet nicht nur eine einmalige Gelegenheit zur Besichtigung historisch interessanter Gebäude, es ermöglicht auch einen ganz unbefangenen Kontakt zu Musik und Musikern. Das genau sei beabsichtigt, so Wasser. Künstler mit internationalem Renommee in die Region zu holen und ihnen ein besonderes Podium zu bieten, ist sein Hauptanliegen. Aber einen thematischen Schwerpunkt gibt es diesmal doch: Franz Liszt, dessen 200. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr feiert, ist häufig im neuen Programm vertreten. Sein erstes Klavierkonzert wird im Rahmen der Ribbecker Sommersinfonien zu hören sein, aber selbstverständlich erklingen seine Werke auch andernorts und in einem intimen Ambiente. Also genau dort, wo seine hochvirtuose, aber auch geistig-versponnene Klangsprache eigentlich zu Hause ist, nämlich am Flügel eines Salons – oder in einem malerischen Gartensaal wie etwa dem von Schloss Kleßen.

Zur Eröffnung gab es noch keinen Liszt, sondern Streichquartett und Gesang. Auch das ist eine Kombination, die man nicht überall zu hören bekommt. Besondere Orte ermuntern eben zu besonderen Konzerten und die wirken dann auch gar nicht gekünstelt, wie der Festspiel-Auftakt bewies. Seine Besonderheit war die Besetzung des Streichquartetts mit einem Kontrabass anstelle der sonst üblichen Bratsche. Rossini schrieb Sonaten für genau diese Besetzung und wurde dadurch Namensgeber für das aus Sachsen-Anhalt angereiste Rossini-Quartett, bestehend aus Musikern der Magdeburgischen Philharmonie. Die erste dieser Sonaten brachten sie zu Gehör, kernig zupackend und mit Leidenschaft für den italienischen Esprit der Musik.

Alle weiteren Kompositionen von Telemann, Mozart, Dvorák und Monti waren Bearbeitungen, die den Cellisten vor die herausfordernde Aufgabe stellte, im Quartett nicht mehr Bassinstrument wie üblich, sondern nun Mittelstimme zu sein. Ein Höhepunkt war die „Serenade“ von Haydn. Durch die Pizzicati des Kontrabasses erhielt die liebliche Violin-Melodie eine Grundierung, die einen tiefen Eindruck hinterließ. Und das nicht zuletzt, weil die historische Bausubstanz des Gartensaals wie ein zusätzlicher Resonanzraum wirkte. Zupfte der Kontrabass, so vibrierte unmerklich auch der hölzerne Boden und schuf eine sehr empfindsame Spannung zwischen Musik und Raum.

Undine Dreißig sang im Wechsel mit den Instrumentalstücken Arien von Händel und Gluck sowie Lieder von Mendelssohn, auch diese begleitet vom Streichquartett. Mit ihrem warmen, auch in der Tiefe samtweich klingenden Mezzo zauberte sie einfühlsame Stimmungsbilder, die sie in den Arien Händels durch nuancierte Verzierungen noch verfeinerte. Auf großen Bühnen wie in Magdeburg, wo Undine Dreißig üblicherweise in langen Opernpartien zu erleben ist, erreicht solch eine intime Interpretation selten alle Zuhörer. Hier aber gelang es ohne Ausnahme. Das Publikum, dicht an dicht den Saal ausfüllend, dankte es mit Aufmerksamkeit und Begeisterung. (Von Richard Erkens)




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